Zeitungsbericht AZ Friedhelm 80 Jahre

Tierarzt Dr. Friedhelm von Ludwiger - 80 Jahre

(Bericht erschienen in der “Allgemeine Zeitung” - Windhoek am 17. August 2018)

“Geboren in Oldeani / Tanganjika, heute Tansania, wo seine Eltern eine Kaffeepflanzung besaßen. Da Tanganjika, nach dem Ersten Weltkrieg eine britische Kolonie war, wurde mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sein Vater erst in Arusha und anschließend in Dar-es-Salam interniert.

1940 folgte die Repatriierung nach Deutschland / Warthegau bei Posen (West-Preußen). Auf dem Familiengut “Karlshöhe” verbrachte er bis zum Einmarsch der Russen glückliche Jahre. Er wuchs zwischen den Trakehner-Pferden auf und entwickelte so von Kindesbeinen an seine Liebe zu den Pferden.

Seinen Vater, der zur Wehrmacht eingezogen war, sah er nur selten bei Kurzbesuchen.

Ende Januar 1945 bei Eis und Schnee gelang mit einem Pferdewagen die Flucht vor den Russen bis Frankfurt / Oder ca.150 km. Die weiteren Treckwagen und alle Pferde gingen schon in den ersten Tagen durch Feindfliegerbeschuss verloren. An der von Flüchtlingen verstopften Oderbrücke mussten der Jagdwagen und die letzten beiden Pferde zurückgelassen werden. Mit der Bahn erreichten sie über das zerbombte Berlin nach insgesamt 580 Kilometern Detmold, wo sie in dem Haus seiner Großeltern unterkommen konnten.

Sein Vater kehrte erst im Januar 1949 aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft zurück.

In Detmold besuchte Friedhelm das Gymnasium bis zur Unter-Tertia, dem 9. Schuljahr.

Im Januar 1953 siedelten er mit seinen Eltern und jüngerem Bruder, Klaus, über nach Südwestafrika zu der Familie von Seydlitz, Farm “Immenhof” bei Omaruru (Friedhelms Mutter war eine geborene Seydlitz). Auf “Immenhof” ritt er während der Schulferien junge Pferde ein, darunter auch eine Stute, namens “Ute”. Sie wurde sein erstes Turnierpferd.

In einem Jahr (Std.6 bzw. 8.Klasse) an der Omaruru-Schule und in einem afrikaansen Schülerheim lernte er schnell Afrikaans.

Bis zum Matrik besuchte er die Swakopmunder Oberschule.

Anschließend studierte er Tiermedizin in Onderstepoort, Universität Pretoria, wo er seine Frau Renate, geb. von Schütz kennen lernte.

Die ersten drei Jahre arbeitete er in einer Praxis mit noch vier Kollegen in Kapstadt, schwerpunktmäßig mit Sportpferden und Kleintieren.

Dann folgte ein Jahr in Deutschland, um dort die Arbeitsverhältnisse kennen zu lernen.

Zurück in Südwestafrika wollte er im Januar 1968 in Windhoek eine Privat-Praxis eröffnen. Zu der Zeit gab es hier im Land außer den Regierungstierärzten, die nicht verpflichtet waren, klinische Fälle zu behandeln, nur zwei Tierärzte, die nicht im Staatsdienst arbeiteten. Es war Frau Dr. A. Lorenz, die teils von der Windhoeker Stadtverwaltung und teils vom Tierschutzverein mit einer Wohnung, Klinik und Tierhospital voll finanziert wurde und alle Behandlungen entweder für eine nominale Gebühr oder unentgeltlich ausführte. Der zweite Tierarzt war Dr. L. Redelinghuys, zuständig für Rinder, der von der FCU (Farmers Cooperative Union) angestellt war und alle Behandlungen für die Kunden der FCU – und das waren alle Farmer – als Kundendienst kostenlos ausführte. So herrschte in Windhoek der paradiesische Zustand, dass jeder seine Tiere fast kostenlos behandeln lassen konnte. Die Tierbesitzer mussten lediglich für die Kosten der Medikamente aufkommen.

Ein Senior-Tierarzt erklärte Dr. von Ludwiger, dass der Zeitpunkt für einen Privat-Tierarzt hier im Land noch nicht gekommen sei.

Um der Windhoeker Sommerhitze zu entgehen, ging er mit seiner Frau, die im Februar ein Baby erwartete, nach Swakopmund. Dort reifte allmählich der Gedanke, zu gegebener Zeit doch wieder nach Kapstadt zurück zu gehen und dort eine eigene Praxis zu eröffnen. Für einen Start hatte er in Deutschland schon das nötigste Instrumentarium erworben. Um nun in Swakopmund nicht untätig herumzusitzen, fing er an, in Swakopmund und auch in Walvis Bay Tiere zu behandeln. An der Küste gab es ja noch keinen Tierarzt. In Swakopmund stellte ihm Frau Annemarie Böhlke einen Behandlungsraum kostenlos zur Verfügung. Er hatte schon als Schüler ihren Pferden regelmäßig die Hufe gerichtet und jetzt war sie froh, dass er ihre beiden Vollblüter versorgen und auch regelmäßig reiten konnte. Vor seiner Zeit hat Frau Böhlke als Apothekersfrau den kranken Tieren nach bestem Wissen geholfen – ohne eine tierärztliche Ausbildung gehabt zu haben.

Auch die Milchfarmer im Swakoptal waren froh, einen Tierarzt für ihre Milchkühe zu bekommen. Weiterhin gab es dort zwei Schweinezuchtbetriebe, die er regelmäßig beraten musste.

In Walvis Bay lebte ein älterer, sehr tierlieber Herr Fritz Köttnitz – ohne Fachkenntnis,

der den kranken Tieren bisher, so gut er konnte, geholfen hatte. Er hatte auf seinem Grundstück eine helle, größere Garage als Behandlungsraum eingerichtet, den er

Dr. von Ludwiger als sehr willkommenem Helfer in der Not gern zur Verfügung stellte.

Dr. von Ludwiger gründete am 6. Februar 1968 in Walvis Bay und am 11. Juni 1968 in Swakopmund Tierschutzvereine (SPCAs). Jahrelang diente er im Vorstand der beiden Vereine. Mit großzügiger finanzieller Unterstützung der Swakopmunder Bürger konnte am 7. Oktober 1970 der Grundstein für das heutige große Tierheim gelegt werden.

Die erste große Rassehundeschau am 5. Januar 1969 mit einer Richterin aus Südafrika wurde auch von Dr. von Ludwiger organisiert. Die zweite, sehr erfolgreiche Rassehundeschau mit vielen Einschreibungen fand ein Jahr später auch an der Promenade unterhalb Café Anton statt mit einem Richter aus Südafrika.

Abends fanden bei Flutlicht interessante Vorführungen von dem Windhoeker Schäferhundverein statt, zur großen Begeisterung der zahlreichen Zuschauer.

Als aktiver Reiter lag Dr. von Ludwiger die Förderung der Reiterei in Swakopmund sehr am Herzen. So hob er am 20. Februar 1970 den Reiterverein Swakopmund aus der Taufe. Auch hier diente er viele Jahre als Vorsitzender des Vereins. Jahrelang fanden die sehr populären Reit-Turniere auf dem Sportplatz unterhalb Café Anton statt.

Ein Grundstück neben dem Tierheim konnte zu einem nominellen Preis von der Stadtverwaltung gekauft werden. Ställe mit Paddocks und eine komplette Reitanlage, wo das heutige alljährliche Reit-Turnier ausgetragen wird, entstand im Lauf der Jahre.

Da seine vier Söhne in Swakopmund zur Schule gingen, fühlte sich Dr. von Ludwiger verpflichtet, nicht nur im Elternschafts- und Schulkomitee, sondern auch im Pfadfindervorstandmitzuwirken.

Die Deutsche Elternschaft Swakopmund war eine Interessengemeinschaft derjenigen Personen, die sich für die Erhaltung, Pflege und Förderung der deutschen Muttersprache, der deutschen Kultur und deren Unterweisung, sowie für die Unterrichtssprache Deutsch an den beiden deutschen Schulen in Swakopmund einsetzte. Die Elternschaft unterstützte diese Schulen ferner in materiellen Belangen, die zur Durchführung eines vollwertigen Unterrichts erforderlich waren.

Sie konnte Zuschüsse zu den Gehältern der Privatlehrer gewähren, die die Kinder in der deutschen Muttersprache unterrichteten und etwaige finanzielle Unterstützung von Studenten und einzelner Schüler in verdienstvollen Fällen.

Um Geld für die nötigsten Anschaffungen für die Deutschen Regierungsschulen (Ober- und Grundschule) zu generieren, organisierte die Elternschaft eine jährliche Mercedes-Verlosung. Der Reinerlös kam den beiden deutschen Schulen zu Gute. Mit dem Profit aus der Elternschaftsverlosung konnten nicht nur Sportgeräte, sondern im Januar 1984 auch drei Apple-Computer für den Unterricht angeschafft werden und später sogar auch noch ein großer Schulbus.

Im Gegensatz zu der DHPS (Deutsche Höhere Privatschule) in Windhoek erhielt Swakopmund als Staatsschule keinerlei Zuschüsse aus Deutschland.

Die Funktion des Schulkomiteeswar u.a. die Anstellung deutschsprachiger Lehrer der Erziehungsbehörde zu empfehlen, aber es diente gewissermaßen auch als ein Sprachrohr der Schuleltern zu der Regierung zu haben.

Obwohl Politik nicht unbedingt „sein Ding“ war, wurde er zur Mitarbeit in der DTA (Demokratische Turnhallen Allianz) gebeten. So kam es auf verschiedenen DTA-Vorstandssitzungen auch zu einer engeren Zusammenarbeit mit Herrn Dirk Mudge, dem Gründer der Partei. Der hatte sich sehr intensiv für die Erreichung eines friedlichen Übergangs von dem damaligen Südwestafrika in ein unabhängiges Namibia eingesetzt.

So gab es für Dr. von Ludwiger an der Küste nicht nur viel Arbeit, aber auch sehr viel Erfreuliches, sodass er bis zum heutigen Tag gern geblieben ist.”

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